Bösliche Schenkung. Erklärt von Fachanwalt Gerhard Ruby, Spezialist für Erbrecht.

Bösliche Schenkungen kann der Erbe vom Beschenkten herausverlangen

Berliner Testament oder Erbvertrag

Wenn der spätere Erblasser einen Erbvertrag errichtet, können Schenkung, die er noch als Lebender macht, nach seinem Tod problematisch werden. Das gleiche gilt bei einem bindend gewordenen Berliner Testament. Ein Berliner Testament wird bindend, wenn der andere Ehegatte gestorben ist. Dann ist der überlebende Ehegatte an das Testament wie bei einem Vertrag gebunden. Das soll dem zuerst versterbenden Ehegatten die Sicherheit geben, dass auch nach seinem Tod so geerbt wird, wie er das im Berliner Testament mit seinem Ehegatten festgelegt hat. Der überlebende Ehepartner kann das Testament im Normalfall nicht mehr abändern. Ein neues Testament, das dem Inhalt des alten Testaments oder Erbvertrags widerspricht, ist unwirksam.

Schenkungen

durch den überlebenden Ehegatten sind aber immer noch wirksam möglich. Viele Laien glauben, man könne nicht mehr schenken, wenn man durch eine Berliner Testament gebunden sei. Das ist falsch. Schenkungen können auch nach dem Tod des Ehegatten vom Längerlebenden wirksam vorgenommen werden. So steht es im Gesetz für den Erbvertrag. Und was für den Erbvertrag gilt, gilt auch für ein bindendes Berliner Testament:

§ 2286 BGB Verfügungen unter Lebenden
Durch den Erbvertrag wird das Recht des Erblassers, über sein Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, nicht beschränkt.

Das Geschenk ist ein Teil des Vermögens, über den durch Rechtsgeschäft unter Lebenden, nämlich durch die Schenkung verfügt wurde.  Das Geschenk befindet sich dann nicht mehr im Vermögen des Erblassers. Es kann damit durch den Schlusserben im Berliner Testament oder durch den Vertragserben eines Erbvertrages nicht mehr geerbt werden. Logisch.

Trick 17?

Nun könnte der überlebende Ehegatte bei einem Berliner Testament auf die Idee kommen, eine Schenkung zu machen,  statt ein neues Testament zu errichten, das unwirksam ist. Mit diesen Schenkungen würden die verschenkten Sachen aber aus dem Nachlass genommen. Der Nachlass wird dadurch gemindert und der Erbe kann die  verschenkten Sachen nicht mehr erben. Damit könnte man bei einem „bösen“ Erben das Berliner Testament oder den Erbvertrag eben doch noch korrigieren. Die Idee ist gut, aber der Gesetzgeber hat das auch gesehen.

Wenn der Erblasser die sicheren Erben dadurch absichtlich beeinträchtigt, dass er Sachen aus dem Nachlass wegschenkt, schützt das Gesetz den Erben.

§ 2287 BGB Den Vertragserben beeinträchtigende Schenkungen
(1) Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.
(2) Die Verjährungsfrist des Anspruchs beginnt mit dem Erbfall.

Bösliche Schenkung

Eine solche Schenkung, mit der der Erbe beeinträchtigt werden soll, nennt man bösliche Schenkung. Die bösliche Schenkung ist wirksam, wie wir gesehen haben. Aber nach dem Tod des Schenkers ändert sich die Rechtslage. Jetzt kann der Erbe die Schenkung vom Beschenkten zurückfordern. Selbst wenn das Geschenk nicht mehr da ist, wird der Vorteil den der Beschenkte durch die Schenkung erlangt hat, abgeschöpft. Wenn er sich z.B. ohnehin ein Auto kaufen wollte und das mit geschenkten Geld gemacht hat, hat er den Kaufpreis erspart. Der Kaufpreis kann dann immer noch verlangt werden, obwohl das Auto inzwischen schon längst verschrottet ist.

Geschenk geht nicht in den Nachlass zurück

Immer wieder wird der Fehler gemacht, dass das Geschenk von der Erbengemeinschaft oder für die Erbengemeinschaft zurückgefordert wird. Das ist falsch. Jeder Miterbe muss  das Geschenk anteilig an sich zurückfordern. Wurde vom Erblasser ein Haus verschenkt und ist der dadurch beeinträchtigte Sohn Miterbe zu 1/2 muss er für sich einen halben Eigentumsanteil am Haus vom Beschenkten verlangen. Der Anspruch steht ihm selbst und nicht der Erbengemeinschaft zu.

Was ist herauszugeben?

Geschenk

Wenn das Geschenk beim Beschenkten noch vorhanden ist, ist selbstverständlich das Geschenk herauszugeben. Ein Haus, das auf den Namen des Beschenkten im Grundbuch einzutragen ist, muss auf die Miterben, die die Herausgabe verlangen, umgeschrieben werden. Sie werden  entsprechend ihrem Erbanteil als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen, wenn sie die Herausgabe verlangen und notfalls gerichtlich durchsetzen.

Surrogate

Herauszugeben sind aber auch die Surrogate. Wenn das geschenkte Haus zu groß ist und der Beschenkte das Haus verkauft und sich für das Geld zwei Eigentumswohnungen kauft, dann sind die Eigentumswohnungen Surrogate. Dann müssen eben statt des Hauses die beiden Eigentumswohnungen herausgegeben werden.

Nutzungen

Nutzungen sind die Früchte einer Sache, wie der Jurist sagt. Also bei einem Huhn die gelegten Eier oder bei einer Mietwohnung die gezahlte Miete. Solche Nutzungen, z.B. die Zinsen auf Geldanlagen sind ebenfalls herauszugeben.

Mehrere Beschenkte

müssen ihren jeweiligen Anteil herausgeben. Es haftet also nicht jeder Beschenkte für das gesamte Geschenk.

Gemischte Schenkung

Von einer gemischten Schenkung spricht man, wenn ein Teil der Zuwendung bezahlt und der andere Teil kostenlos hingegeben wurde. Wenn auf ein Haus im Wert von 300.000 Euro nur 100.000 Euro gezahlt werden, werden eben 2/3 des Hauses geschenkt. In unserem Beispiel können die Erben das ganze Haus verlangen, müssen aber natürlich die 100.000 an den Beschenkten zurückzahlen.

Benachteiligungsabsicht

Der Erbe kann die Herausgabe der geschenkten Sache nur verlangen, wenn der Schenker in der Absicht gehandelt hat, den Erben zu benachteiligen. Von einer solchen Benachteiligungsabsicht gehen die Gerichte schon dann aus, wenn der Schenker wusste, dass er durch das Geschenk seinen Nachlass zum Nachteil des Erben verringert. Sie ist also in aller Regel gegeben. Der klassische Fall einer Benachteiligungsabsicht ist, dass der Schenker die Bestimmungen im Testament oder Erbvertrag durch die Schenkung nachträglich korrigieren will. So erklären die Beschenkten im Prozess oft, dass die schenkende Mutter das Testament, das sie gemeinsam mit dem verstorbenen Vater errichtet hatte, ungerecht fand. Die Mutter hätte durch die Schenkung eine gerechtere Verteilung herbeiführen wollte. Das ist aber exakt der klassische Fall einer Schenkung, die in der Absicht erfolgt den Erben zu benachteiligen.

Lebzeitiges Eigeninteresse

Hatte der Erblasser an seiner Schenkung aber ein „lebzeigtes Eigeninteresse“ liegt keine Beeinträchtigungsabsicht vor. Im Gegenteil. Bei einem lebzeitigen Eigeninteresse muss der Erbe akzeptieren, dass er in seiner Erberwartung durch die Schenkung beeinträchtigt wird. Ein lebzeitiges Eigeninteresse liegt vor, wenn das Geschenk dazu dient, sich die Pflege  oder Altersversorgung in alten und kranken Tagen zu sichern oder zumindest zu verbessern.  Heiratet der Witwer neu und schenkt der neuen Ehefrau etwas für deren Alterssicherung, dann erfolgt die Schenkung im Interesse der Ehefrau und nicht des Witwers. Die Schenkung ist herauszugeben.

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Wichtig: Auch wenn sich auf unserer Homepage vieles für Sie einfach darstellen mag, fehlt auch dem intelligentesten Laien der Gesamtüberblick im Erbrecht. Oft werden schwierigste Punkte, die scheinbar im Vordergrund stehen, verstanden, grundlegende andere Probleme, die für den konkreten Fall wirklich entscheidend sind, aber gar nicht gesehen. Wir empfehlen Ihnen daher, unsere günstige Erstberatung, bei der sie auf jeden Fall eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung kostenlos erhalten. Sparen Sie nicht am falschen Ort. Oft müssen die Erben später viele Jahre prozessieren und Zigtausende an Anwalts- und Gerichtskosten zahlen, nur weil der Erblasser die geringen Erstberatungskosten sparen wollte.

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