Ist der Pflichtteilsverzicht eines behinderten Kindes sittenwidrig? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.
Ist der Pflichtteilsverzicht eines behinderten Kindes sittenwidrig?
Frage:
Ist der Pflichtteilsverzicht eines geschäftsfähigen behinderten Kindes, das dieses gegenüber den Eltern erklärt, sittenwidrig, weil er zu Lasten der Sozialbehörden geht?
Antwort:
Nein, in einem Urteil vom 19.01.2011 hat der Bundesgerichtshof die Sittenwidrigkeit eines solchen Pflichtteilsverzichts verneint. Das behinderte Kind hatte am Sterbebett der Mutter, die noch am gleichen Tag verstarb, einen Pflichtteilsverzicht mit seinen Geschwistern gegenüber dem erstversterbenden Elternteil erklärt. Unmittelbar zuvor war – ebenfalls am Sterbetag der Mutter – ein Behindertentestament beurkundet worden. Der BGH sah im Pflichtteilsverzicht keinen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich zu Lasten der Sozialbehörde, sondern nur einen Vertrag mit faktisch nachteiliger Wirkung für die Sozialbehörde. Dies sei nicht sittenwidrig. Das behinderte Kind hätte ja auch eine angefallene Erbschaft wirksam ausschlagen können.