Ist der Totenfürsorgeberechtigte auch bestattungspflichtig?

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Bestattungspflicht

Totenfürsorgeberechtigt. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.

Ist der Totenfürsorgeberechtigte auch bestattungspflichtig?

Frage:

Mein Bruder, zu dem ich bis zum Schluss einen guten Kontakt hatte, ist gestorben. Obwohl er eine Tochter hatte, war ich sein „nächster Angehöriger“ und habe die Beerdigungskosten verauslagt. Ich habe das Geld von seiner Tochter verlangt, die allerdings meinen Bruder nie kennengelernt hat, weil sie erst nach Scheidung ihrer Eltern geboren wurde und zu meinen Bruder zeitlebens nie Kontakt hatte. Diese Tochter hat auch die Erbschaft nach meinem Bruder ausgeschlagen. Muss sie mir die Beerdigungskosten erstatten?

Antwort:

Nach  Auffassung des vierten Senats des BGH soll ein Totenfürsorgeberechtigter auch zivilrechtlich bestattungspflichtig sein.

Zur Totenfürsorgeberechtigung gehört sozusagen spiegelbildlich auch eine Totenfürsorgepflicht.

Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass die nächsten Angehörigen, wenn und soweit ein erkennbarer Wille des Verstorbenen hinsichtlich seiner Bestattung nicht vorliegt, das Recht und die Pflicht trifft, über den Leichnam zu bestimmen und über die Art der Bestattung sowie die letzte Ruhestätte zu entscheiden. Dies hat schon das Reichsgericht 1937 ausgesprochen (RGZ 154, 269, 270 f.), indem es darauf hinwies, dass Totenfürsorgerecht und -pflicht eine Nachwirkung des familienrechtlichen Verhältnisses sei, das den Toten bei Lebzeiten mit den Überlebenden verbunden habe. Sei keine Bestimmung über Totenfürsorgerecht und -pflicht getroffen, so wurde damals das Feuerbestattungsgesetz herangezogen, in dem eine bestimmte Reihenfolge  aufgestellt wurde, nach der die Wahl über Feuer- oder Erdbestattung dem Ehegatten vor den Kindern und vor den Geschwistern zufiel. Seien die Kosten zunächst beim Totenfürsorgeberechtigten angefallen, so stehe ihm gemäß § 1968 BGB ein Regressanspruch gegen den Erben zu. Könne ein derartiger Anspruch nicht durchgesetzt werden, weil die Erben nicht feststehen, der Nachlass überschuldet ist oder der Fiskus als Erbe die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass geltend gemacht habe, falle dies in den Risikobereich des Zahlers und folge aus seiner Pflicht zur Totenfürsorge. Auf die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht, wonach die Tochter bestattungspflichtig sei, komme es nicht an, da diese von zivilrechtlichen Verpflichtungen, der Erbenstellung oder dem Totenfürsorgerecht unabhängig sei. Die Tochter ist nach Auffassung des BGH nicht zur Totenfürsorge verpflichtet. Es sei der Wille des Erblassers zu ermitteln, wer die Totenfürsorge wahrnehmen solle. Entscheidend sei,  wen der Erblasser selbst als seinen „nächsten Angehörigen“ angesehen habe, der sich um seine Bestattung zu kümmern habe. Dies seien eben Sie als nahestehender Bruder und nicht die Tochter gewesen, die keinen persönlichen Kontakt zum Vater hatte. Nach den Bestattungsgesetzen wäre die Tochter verantwortlich gewesen. Da nach den Feststellungen des Gerichts der Bruder totenfürsorgeberechtigt und -verpflichtet war, ist die Entscheidung konsequent, allerdings auch problematisch, weil der Bruder nach § 74 SGB XII als Totenfürsorgeberechtigter nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung nicht zum Kreis der allein anspruchsberechtigten „zur Kostentragung Verpflichteten” zählt.

§ 74 SGB XII Bestattungskosten
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
Tipp:

Lesen Sie BGH vom 14. 12. 2011, IV ZR 132/11

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