Wert der Pflege
Pflege

Pflegen und Erben

ist ein Dauerthema. 20 Jahre lang pflegte Egon Tauber seine demenzkranke Mutter. Er gab sogar seine Wohnung auf, die er vermietete und zog zu ihr in ihr altes Häuschen, um für sie nach der Arbeit vom Feierabend bis zum nächsten Morgen da zu sein.  Egon machte alles für sie, räumte ihr sogar täglich den Darm aus. Die drei Geschwister kamen nur ab und an zu Besuch. Als die Mutter mit 94 stirbt, wollen die Geschwister genauso viel erben wie Egon.  Ein Testament gibt es nicht.

Ausgleich für die Pflege?

Egon Tauber ist stinkesauer: „Ich habe meine Mutter jeden Tag 16 Stunden versorgt. Während ihr in Urlaub gefahren seid, habe ich die Mama in meinem Urlaub sogar rund um die Uhr betreut. Ich habe seit 20 Jahren keinen Urlaub gehabt. Wäre ich nicht gewesen, wäre von dem Erbe nichts mehr da.“ Die Erbschaft hat immerhin einen Wert von 400.000 Euro. Egon findet es ungerecht, dass jetzt jedes der vier Geschwister laut Erbschein zu 1/4 Erbe ist und 100.000 Euro bekommen soll. Er geht zum Fachanwalt für Erbrecht. Bevor es zur Erbteilung kommt, will Egon  einen Ausgleich für seine 20jährige Pflege.

Was sagt das Gesetz?

Wie Fälle zu behandeln sind, in denen ein Kind durch Pflege oder Arbeit dafür gesorgt hat, dass das Vermögen und damit der Nachlass der Eltern erhalten oder sogar vermehrt wurde regelt das Gesetz: Ein Kind,

  • das den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat oder
  • das während längerer Zeit durch Mitarbeit
  • durch erhebliche Geldleistungen oder
  • in anderer Weise in besonderem Maße

dazu beigetragen hat, dass der Nachlass erhalten wurde, kann bei der Erbteilung dafür einen Ausgleich verlangen. Das gilt sogar beim Pflichtteilsrecht. Einen Ausgleich gibt es aber dann nicht, wenn das Kind für seine Leistungen angemessen entlohnt wurde.

Wie wird der Ausgleich errechnet?

Hier lässt das Gesetz den Rechtssuchenden im Stich. Es sagt nur, dass sich der Ausgleich richtet nach

  • der Dauer der erbrachten Leistungen
  • dem Umfang der Leistungen
  • dem Wert des Nachlasses
  • und der Billigkeit (= was gerecht ist).

Wenn dieser Ausgleichswert dann irgendwann feststeht, wird er bei der Teilung vorab dem pflegenden Erben gutgeschrieben. Der Rest wird dann unter allen Erben geteilt. Die Erben erhalten also alle den gleichen Erbteil, während der pflegende Erbe den Erbteil plus Ausgleichung erhält.

Pflege-Tagebuch als Nachweis

Wenn der Pflegende seinen Geschwistern nach dem Tod des gepflegten Elternteils erklären soll, was er für die Eltern alles getan hat, bereitet ihm das oft Probleme. Es fehlt ein Nachweis über die erbrachten Pflegetätigkeiten und vor allem der Pflegezeiten. In der Regel wird vergessen, die Pflegestunden in schriftlicher Form festzuhalten.  Hier macht es Sinn ein möglichst ausführliches Pflegetagebuch zu führen. Darin sollte jede Pflegeleistung exakt mit Datum und Uhrzeiten dokumentiert werden. Belege über finanzielle Auslagen können ebenfalls enthalten sein. Zusätzlich ist es ratsam, einzelne Einträge vom Pflegebedürftigen gegenzeichnen zu lassen. Auch wenn es zunächst leider sehr bürokratisch ist – am Ende bringt ein Pflegetagebuch Rechtssicherheit für alle Beteiligten, und vor allem für den Pflegenden. Denn ohne Beweis kann das pflegende Kind im Streitfall seinen Ausgleichsanspruch nicht vor Gericht durchsetzen.

Wie hoch ist der Stundensatz?

Oft werden dazu die Stundensätze ambulanter Pflegedienste herangezogen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in einem von mir bearbeiteten Fall in 2016 pro Pflegestunde 20 Euro angesetzt.

Tipp: Stundesatz im Testament festlegen

Wer seinen Kindern Ärger ums Erbe ersparen will, macht ein Testament. Dort kann der Erblasser regeln, wie hoch der Ausgleich für pflegenden Angehörigen ausfallen soll. Da die gesetzliche Regelung des Ausgleichsanspruchs nur für Nachkommen (und nicht zum Beispiel für Nichten, Nachbarn oder Freunde) gültig ist, kann ein Testament auch genutzt werden um diese Pflegepersonen zu begünstigen.

 

Fanden Sie diesen Artikel hilfreich?

Erbrechtkanzlei Ruby – Wir machen nur Erbrecht – Wir helfen Ihnen – Überall in Deutschland – Tel. 07721 / 9930505

Wichtig: Auch wenn sich auf unserer Homepage vieles für Sie einfach darstellen mag, fehlt auch dem intelligentesten Laien der Gesamtüberblick im Erbrecht. Oft werden schwierigste Punkte, die scheinbar im Vordergrund stehen, verstanden, grundlegende andere Probleme, die für den konkreten Fall wirklich entscheidend sind, aber gar nicht gesehen. Wir empfehlen Ihnen daher, unsere günstige Erstberatung, bei der sie auf jeden Fall eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung kostenlos erhalten. Sparen Sie nicht am falschen Ort. Oft müssen die Erben später viele Jahre prozessieren und Zigtausende an Anwalts- und Gerichtskosten zahlen, nur weil der Erblasser die geringen Erstberatungskosten sparen wollte.

Das könnte Sie auch interessieren