Rückerstattung bereits bezahlter Schenkungsteuer

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Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer

Rückerstattung bereits bezahlter Schenkungsteuer. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht. Konstanz, Radolfzell, Rottweil, Villingen-Schwenningen.

Rückerstattung bereits bezahlter Schenkungsteuer

Der BGH hat in einem Urteil vom 03.02.2010, Aktenzeichen: XII ZR 189/06, entschieden:

Nach § 29 Abs. 1 Nr.1 ErbStG erlischt die für eine Schenkung unter Lebenden i.S. des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG festgesetzte Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit eine Geschenk wegen eines Rückforderungsrechts zurückgegeben werden musste.

Der BGH hatte über die Rückforderung eines Geldbetrages, den
Schwiegereltern ihrem Schwiegerkind zugewandt hatten, zu entscheiden. Nach dem Urteil des XII. Zivilsenats ist eine Rückforderung schwiegerelterlicher Zuwendungen nunmehr unter erleichterten Voraussetzungen möglich.

1. Der Fall:

1996, als die Tochter und der künftige Schwiegersohn die Eheschließung in Kürze beabsichtigten, ersteigerte der Schwiegersohn eine Eigentumswohnung. Die Schwiegereltern wandten ihm dabei einen Geldbetrag zu. Die Ehe wurde dann zeitnah geschlossen. Im Jahre 2004 wurde die Ehe geschieden. Die Eigentumswohnung blieb im  Alleineigentum des Schwiegersohns, den Zugewinnausgleich schlossen die Eheleute aus. Die Schwiegereltern forderten den
zugewandten Geldbetrag zurück

2. Das Urteil:

Wenn Schwiegereltern dem Ehepartner ihres leiblichen Kindes mit Rücksicht auf dessen Ehe mit ihrem Kind und zur Begünstigung des ehelichen Zusammenlebens Vermögensgegenstände zuwandten, kam nach bisheriger Senatsrechtsprechung zwischen den Beteiligten regelmäßig ein Rechtsverhältnis eigener Art zustande, das mit den (ehebezogenen) „unbenannten Zuwendungen“ unter Ehegatten vergleichbar war. Ihre Zuwendungen konnten die Schwiegereltern grundsätzlich nicht zurückfordern, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hatten. Nunmehr hat der BGH entschieden, dass derartige schwiegerelterliche Leistungen als Schenkung zu qualifizieren sind. Sie erfüllen sämtliche Tatbestandsmerkmale einer Schenkung: Übertragen Schwiegereltern einen Vermögensgegenstand auf das Schwiegerkind, geschieht dies regelmäßig in dem Bewusstsein, künftig an dem Gegenstand nicht mehr selbst zu partizipieren. Auf schwiegerelterliche ehebezogene Schenkungen bleiben die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendbar: Die Geschäftsgrundlage solcher Schenkungen ist regelmäßig, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen Kind und Schwiegerkind fortbesteht und das eigene Kind somit in den fortdauernden Genuss der Schenkung kommt. Mit dem Scheitern der Ehe entfällt diese Geschäftsgrundlage. Dadurch wird im Wege der richterlichen Vertragsanpassung die Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung eröffnet. Dies gilt abweichend von der bisherigen Rechtsprechung auch dann, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Die Rückabwicklung der Schenkung hat grundsätzlich unabhängig von güterrechtlichen Erwägungen zu erfolgen. Ist das eigene Kind allerdings einen längeren Zeitraum in den Genuss der Schenkung gekommen (zum Beispiel durch das Leben in einer geschenkten Wohnung), kommt regelmäßig nur eine teilweise Rückzahlung in Betracht.  Wenn die Eltern dies vermeiden und den gesamten geschenkten Wert nur dem eigenen Kind zugute kommen lassen wollen, müssen sie ihr Kind direkt beschenken.

3. Konsequenzen aus der Entscheidung des BGH für die Erstattung bereits bezahlter Schenkungsteuer:

Die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt voraus, dass der geschenkte Gegenstand aufgrund eines gesetzlichen oder vertraglichen Rückforderungsrechts herausgegeben werden muss und damit der Beschenkte zur Herausgabe des erworbenen Gegenstandes verpflichtet ist. Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kommt es zu einem Erstattungsanspruch des Beschenkten hinsichtlich einer bereits entrichteten Erbschaft- oder Schenkungsteuer.

4. Ableitung von Konsequenzen aus der Entscheidung des BGH für die Erstattung bereits bezahlter Schenkungsteuer:

Die Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfordert nach h.M (Viskorf/Knobel/Schuck § 29 Rn 34) aber keine Identität von geschenktem Gegenstand und dem herauszugebenden Gegenstand. Vielmehr erfasst § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch sämtliche Surrogate im Sinne von § 818 Abs. 1 BGB, also Ersatzgegenstände, die der Beschenkte erworben hat.

5. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Wegfall der Geschäftsgrundlage

Der Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB stellt ebenfalls einen Anspruch des Schenkers auf Rückübertragung des geschenkten Gegenstandes dar, was in der Folge dann auch die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. ErbStG zur Folge hat. Die Annahme des Wegfalls der Geschäftsgrundlage setzt voraus, dass Umstände, die von den Vertragsparteien als Grundlage führ den Abschluss und die Durchführung des Vertrages angenommen wurden, ohne, dass diese ausdrücklich vertraglich geregelt wurden, später weggefallen oder sich wesentlich verändert haben sind. (Palandt/Grüneberg § 313 Rn 1 ff). Kommt eine Anpassung der vertraglichen Grundlagen nicht in Betracht, wird das Rechtsgeschäft rückabgewickelt. Für die Praxis hilfreich könnte dabei ein Formulierungsvorschlag von Wachter (ZEV 02, 176 ff) sein, der ein Abhängigmachen der Rückgabe des geschenkten Gegenstandes von der Gewährung des Anspruchs auf Steuererstattung vorschlägt. Kann der Finanzverwaltung hingegen ein Urteil über den Wegfall der Geschäftsgrundlage vorgelegt werden, wird diese kaum noch Einwendungen gegen die Gewährung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geltend machen können, die Entscheidung des BGH wird dies künftig erleichtern.

6. Tipp:

Die bei Übergabeverträgen immer wieder auftretenden Fälle, dass die Vertragsparteien sich sowohl über den Anfall oder die Höhe der Schenkungsteuer geirrt haben als auch darüber, ob dies zu einer Gewährung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG führt, wenn das Rechtsgeschäft rückabgewickelt wird, wurde letztinstanzlich vom BFH bisher nicht entschieden. Das FG Rh-Pf (FR 01, 653 ff; DStrE 01, 765 ff) hat entschieden, dass in dem Fall, dass die Vertragsparteien einen fachlichen Rat bezüglich des Anfalls und der Höhe einer Schenkungssteuer für die Übertragung eines Grundstückes von Vater auf Tochter eingeholt hatten, ein Wegfall der Geschäftsgrundlage angenommen werden konnte und damit für den Fall der Rückabwicklung des Rechtsgeschäfts dann auch § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu gewähren sei. Begründet wurde dies damit, dass eine Vertragsanpassung in einem solchen Fall ausscheidet. Da die Frage, ob dieser Fall tatsächlich zu einem Erstattungsanspruch nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG führt, letztinstanzlich noch nicht geklärt wurde und auch in der Literatur keine abschließende Meinung dazu besteht, ist für den Fall, dass der Anfall und die Höhe von Schenkungsteuer von maßgeblicher Bedeutung für die Vertragsparteien ist, zu empfehlen, im Übertragungsvertrag zu regeln, dass für den Fall des Anfalls von Schenkungsteuer oder des Anfalls einer höheren Schenkungsteuer, als von den Vertragsparteien angenommen, der Vertrag widerrufen werden kann. Auch wenn in § 313 BGB die Geschäftsgrundlage nun gesetzlich geregelt ist, sollte dies aus Gründen der Vorsicht und der bisher nicht abschließenden Klärung dieser Thematik in den Vertrag aufgenommen werden, nach h.M. (Daragan/Halaczynski/Riedel/Uricher § 29 Rn 10 ErbStG).

 

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