Die Verjährung erbrechtlicher Ansprüche. Erklärt von Gerhard Ruby, Spezialist im Erbrecht.

Verjährung

Ein Anspruch ist dann verjährt, wenn eine bestimmte Frist abgelaufen ist, und deshalb der Schuldner die Leistung verweigern kann. Der Schuldner muss die sogenannte „Einrede der Verjährung“ erheben, dann kann der Gläubiger seinen Anspruch nicht mehr durchsetzen. Der Anspruch besteht dann zwar noch, ist aber nicht mehr durchsetzbar. Man hebt sozusagen das Schild der Verjährung hoch und der Pfeil des Gläubigers prallt daran ab. Man muss dieses Schild aber hoch heben, sonst trifft der Pfeil. Im Prozess muss man als sagen, dass man die Einrede der Verjährung erhebt oder einfach sagt, ich zahle nicht, weil die Forderung verjährt ist.

Kurze Verjährung im Erbrecht seit 2010

Vom 1.1.1900 zum 1.1.2002 verjährten in Deutschland Ansprüche grundsätzlich in dreißig Jahren (und das war gut so!). Doch zum 1.1.2002 trat das neue Schuldrechtmodernisierungsgesetz (SMG) in Kraft und setzte die Frist für die Regelverjährung von dreißig auf drei Jahre herab. Für familien- und erbrechtliche Ansprüche bestand aber bis zum 1.1.2010 die alte Regelverjährung von dreißig Jahren - jetzt als Sonderverjährung - fort. Es verjährten also erbrechtlichen Ansprüche - das sind alle im 5. Buch "Erbrecht" des BGB geregelten Ansprüche - nach wie vor in dreißig Jahren. Doch dies wollte die damalige Regierung nicht und boxte auch für die erbrechtlichen Ansprüche die dreijährige Regelverjährung durch. Seit 1.1.2010 verjähren auch erbrechtliche Ansprüche in drei Jahren. Es gilt jetzt auch hier die Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB:

"§ 195 BGB (Regelmäßige Verjährungsfrist):

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

§ 199 BGB (Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen):

1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

 1.  der Anspruch entstanden ist und 
  2.  der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. 

...

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.


..."

Fazit

Weiß der Gläubiger um die seinen Anspruch begründenden Umstände und kennt er die Person des Schuldners verjähren seit dem 1.1.2010 auch die erbrechtlichen Ansprüche in drei Jahren. Das gilt auch, wenn er diese Umstände bzw. den Schuldner aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht kennt.

Silvesterverjährung

Die Verjährung beginnt ab Sylvester des Jahres, in dem der Gläubiger von seinem erbrechtlichen Anspruch  und dem Schuldner Kenntnis erlangte oder hätte erlangen können. Unabhängig von dieser Kenntnis tritt auf jeden Fall 30 Jahre nach Entstehung des erbrechtlichen Anspruchs Verjährung ein. Letzteres ergibt sich aus § 199 Abs. 3a BGB.

Ausnahmen beim Beginn

Ausnahmen (§§ 2287 Abs. 2, 2332 Abs. 1 BGB) vom Verjährungsbeginn:

Ansprüche des Vertrags- und Berliner-Testaments-Schlusserben wegen beeinträchtigender Verfügungen des Erblassers und Pflichtteilsansprüche gegen den Beschenkten verjähren nach wie vor drei Jahre nach Eintritt des Erbfalls (also keine Silvesterverjährung, sondern Verjährung drei Jahre nach dem Todestag).

Ausnahmen von der Dreijahresregelung

Immer noch in dreißig Jahren verjähren

  • Anspruch des wirklichen Erben gegen den Erbschaftsbesitzer (= falscher Erbe)
  • Anspruch des wirklichen Erben gegen den Erbschaftsbesitzer auf Auskunft über die Erbschaft, damit der wirkliche Erbe den Erbschaftsanspruch durchsetzen kann
  • Anspruch des Nacherben gegen den Vorerben auf Herausgabe der Erbschaft
  • Anspruch des Erben gegen den Besitzer eines unrichtigen Erbscheins auf Herausgabe an das Nachlassgericht

In zehn Jahren verjähren

  • Ansprüche aus Grundstücksvermächtnissen (§ 196 BGB)

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