Vorzeitiger Erbausgleich nichtehelicher Kinder bis 1998

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Vorzeitiger Erbausgleich nichtehelicher Kinder. Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby

Vorzeitiger Erbausgleich nichtehelicher Kinder bis 1998

Vom 1.7.1970 bis 30.03.1998 konnten nichteheliche Kinder von ihrem Vater schon zu dessen Lebzeiten einen vorzeitigen Erbausgleich verlangen. Solche Verträge haben auch heute noch ihre Gültigkeit, sofern sie wirksam abgeschlossen wurden. Sie waren notariell zu beurkunden. Das nichtehelich Kind, das über den Erbausgleich mit dem Vater eine wirksame Vereinbarung getroffen hat, ist beim Tod des Vaters weder gesetzlicher Erbe noch pflichtteilsberechtigt.

Das Bürgerliche Gesetzbuch regelte den vorzeitigen Erbausgleich in §§ 1934 d und 3 BGB a.F.

§ 1934 d BGB a.F.:
(1) Ein nichteheliches Kind, welches das einundzwanzigste, aber noch nicht das siebenundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, ist berechtigt, von seinem Vater einen vorzeitigen Erbausgleich in Geld zu verlangen.
(2) Der Ausgleichsbetrag beläuft sich auf das Dreifache des Unterhalts, den der Vater dem Kinde im Durchschnitt der letzten fünf Jahre, in denen es voll unterhaltsbedürftig war, jährlich zu leisten hatte. Ist nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen des Vaters unter Berücksichtigung seiner anderen Verpflichtungen eine Zahlung in dieser Höhe entweder dem Vater nicht zuzumuten oder für das Kind als Erbausgleich unangemessen gering, so beläuft sich der Ausgleichsbetrag auf das den Umständen nach Angemessene, jedoch mindestens auf das Einfache, höchstens auf das Zwölffache des in Satz 1 bezeichneten Unterhalts.
(3) Der Anspruch verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem das Kind das siebenundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat.
(4) Eine Vereinbarung, die zwischen dem Kinde und dem Vater über den Erbausgleich getroffen wird, bedarf der notariellen Beurkundung. Bevor eine Vereinbarung beurkundet oder über den Erbausgleich rechtskräftig entschieden ist, kann das Kind das Ausgleichsverlangen ohne Einwilligung des Vaters zurücknehmen. Kommt ein Erbausgleich nicht zustande, so gelten für Zahlungen, die der Vater dem Kinde im Hinblick auf den Erbausgleich geleistet und nicht zurückgefordert hat, die Vorschriften des § 2050 Abs. 1, des § 2051 Abs. 1 und des § 2315 entsprechend.
(5) Der Vater kann Stundung des Ausgleichsbetrages verlangen, wenn er dem Kinde laufenden Unterhalt zu gewähren hat und soweit ihm die Zahlung neben der Gewährung des Unterhalts nicht zugemutet werden kann. In anderen Fällen kann der Vater Stundung verlangen, wenn ihn die sofortige Zahlung des gesamten Ausgleichsbetrages besonders hart treffen würde und dem Kinde ein Stundung zugemutet werden kann. Die Vorschriften des § 1382 gelten entsprechend.

§ 1934 e BGB a.F.
Ist über den Erbausgleich eine wirksame Vereinbarung getroffen oder ist er durch rechtskräftiges Urteil zuerkannt, so sind beim Tode des Vaters sowie beim Tode väterlicher Verwandter das Kind und dessen Abkömmlinge, beim Tode des Kindes sowie beim Tode von Abkömmlingen des Kindes der Vater und dessen Verwandte nicht gesetzliche Erben und nicht pflichtteilsberechtigt.

Art. 227 EGBGB (Übergangsvorschrift zum Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder vom 16. Dezember 1997)
(1) Die bis zum 1. April 1998 geltenden Vorschriften über das Erbrecht des nichtehelichen Kindes sind weiter anzuwenden, wenn vor diesem Zeitpunkt
1.  der Erblasser gestorben ist oder
2.  über den Erbausgleich eine wirksame Vereinbarung getroffen oder der Erbausgleich durch rechtskräftiges Urteil zuerkannt worden ist.
(2) Ist ein Erbausgleich nicht zustande gekommen, so gelten für Zahlungen, die der Vater dem Kinde im Hinblick auf den Erbausgleich geleistet und nicht zurückgefordert hat, die Vorschriften des § 2050 Abs. 1, des § 2051 Abs. 1 und des § 2315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

Zweck des vorzeitigen Erbausgleichs war es, dem nichtehelichen Kind eine Starthilfe in die berufliche Selbstständigkeit zu geben. Ohne den vorzeitigen Erbausgleich, musste das nichteheliche Kind, das regelmäßig nicht in der Familie des Vaters lebte, bis zu dessen Tod warten, ehe es über den Erbersatzanspruch an dessen Vermögen beteiligt  war. Im Zeitpunkt des Todes des Vaters waren indes Berufsausbildung und Familiengründung des nichtehelichen Kindes bereits regelmäßig abgeschlossen. Das nichteheliche Kind partizipierte also im Gegensatz zum ehelichen Kind, das beim Vater lebte, im Stadium der Berufsausbildung und Familiengründung nicht an dessen Vermögen. Diese Diskrepanz wollte der vorzeitige Erbausgleich beseitigen. Der vorzeitige Erbausgleich war ein Anspruch, der vom nichtehelichen Kind geltend gemacht werden konnte.

Auch ohne die Regelungen des §§ 1934d, e BGB a.F. gab es immer schon die Möglichkeit das nichteheliche Kind durch einen mit ihm notariell zu vereinbarenden Erbverzicht oder Pflichtteilsverzicht i. V. m. einer Verfügung von Todes wegen vom Erbe bzw. Pflichtteil auszuschließen. Mit dem Erbverzicht hatten Vater und nichteheliches Kind immer schon die Möglichkeit auch außerhalb der Zeitgrenzen vom 21. bis 27. Lebensjahr den Ausschluss des nichtehelichen Kindes vom gesetzlichen Erbrecht und vom Pflichtteils herbeizuführen. Ging die Initiative zum „Erbausgleich“ vom Vater aus, wird man die Vereinbarung eines Erbverzichts anzunehmen haben.

Diese Möglichkeit besteht auch heute noch und ist das Mittel der Wahl nichteheliche Kinder von der Beteiligung am dereinstigen Nachlass auszuschließen. Meist wird gegen eine Abfindungszahlung ein Pflichtteilsverzichtsvertrag zwischen Vater und nichtehelichem Kind geschlossen.

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